Geschichte der Schachgesellschaft Riehen
Am 23. Februar 1928 gründeten zehn Riehener Schachfreunde in der Rössli-Kaffeehalle die Schachgesellschaft Riehen. Die Initiative ging vom damals 23-jährigen Geometer Willy Fackler aus, der von 1948 bis 1958 den Verein auch präsidierte.
Der Name des Lokals - ‚Rössli‘ - ist passend für die Gründung eines Schachvereins, erinnert er doch an die Schachfigur, die offiziell und etwas vornehmer Springer genannt wird. Theodor Sarasin-Bischoff, der wohlhabende Eigentümer des Sarasingutes, hatte 1890 diese Kaffeehalle mit einem Bibliotheksraum erbaut und als gemeinnützige Institution für die Riehener Bevölkerung bestimmt. Die Rössli-Kaffeehalle war eine sogenannte Temperenzhalle. Das heisst: In ihr wurden nur alkoholfreie Getränke wie Kaffee, Milch, Tee und Schokolade ausgeschenkt.
Bald musste allerdings das Spiellokal gewechselt werden, ein Vorgang, der sich im Leben unseres Vereins öfters wiederholte. Wenn wir die Namen der verschiedenen Vereinslokale auflisten, gewinnen wir eine fast umfassende Riehener Wirtschaftskunde: Die SG Riehen spielte in folgenden Gasthäusern: Rössli-Kaffeehalle, Feldschlösschen, Schlipferhalle, Lokal Winter, Sängerstübli, Lindenhof, Landgasthof und Niederholz.
Erst der Umzug in das Haus der Vereine im Herbst 1983 setzte der stetigen Wanderschaft eine Ende. Mit dem Haus der Vereine schließt sich der Kreis der Geschichte, denn auch in unserem aktuellen Spiellokal werden keine alkoholischen Getränke angeboten.
Kehren wir in die Dreissigerjahre zurück. Die ersten zehn Jahre der SG Riehen verliefen gemäss den damaligen schriftlichen Quellen sehr wechselhaft. 1930 konnte der Kassier den ansehnlichen Stand der Vereinskasse von Franken 27.55 vermelden. Im Jahresbericht 1938 lesen wir in blumigen Worten folgendes: „Mit dem laufenden Jahre konnte unsere Gesellschaft auf ihr 10-jähriges Bestehen zurückblicken. Nachdem sich der Verein bei seiner Gründung gut entwickelte, schien er nach 2 Jahren bereits einem langsamen, aber sicheren Tod entgegenzugehen. Bald kam es so weit, dass nur noch drei bis vier Spieler privat zusammenkamen, um dem Spiel zu huldigen. Doch es schien, dass der dem Tode Geweihte nur in einen längeren Winterschlaf verfallen war. Der Kern, der übrig geblieben, entfaltete plötzlich wieder rege Tätigkeit, und in kurzer Zeit schlug der Baum nach allen Richtungen kräftige Schosse hervor, so dass unser 10-jähriges Bestehen mit 60 Mitgliedern gefeiert werden konnte.“
Wie bei vielen anderen Vereinen gab es während des Zweiten Weltkrieges Probleme. Wegen des Aktivdienstes litt der Spielbetrieb, er konnte aber immer aufrecht erhalten werden. 1947 trat die SG Riehen dem Schweizerischen Schachverein, dem Dachverband der Schweizer SchachspielerInnen, bei.
Am 21. März 1953 wurde unter der Aegide des damaligen Präsidenten und Gründungsmitglieds Willy Fackler feierlich das 25-jährige Bestehen unseres Vereins gefeiert. Es folgte im gleichen Jahr ein Jubiläumsturnier mit 80 Teilnehmern (28. Juni 1953) und ein Simultan von Petar Trifunovic (14. Oktober 1953).
In den sechziger Jahren kam es zu einem grossen Aufschwung, der sich in einer regen Wettkampftätigkeit äusserte. 1960 fand ein Simultan mit dem Grossmeister Erich Eliskases statt. 1963 wurde zum 35-jährigen Geburtstag ein Internationales Stundenturnier mit fast 250 Teilnehmern organisiert. Im November 1968 - zum 40. Geburtstag der SG Riehen – hielt der dänische Grossmeister Bent Larsen einen Vortrag und gab anschließend ein Simultan. Bent Larsen war damals zusammen mit Bobby Fischer der stärkste Spieler der westlichen Welt. 1970 führte die SG Riehen die Schweizer Einzelmeisterschaften durch.
Die Basis zum weiteren stetigen Aufstieg legte die SG Riehen 1965 und in einem zweiten, erfolgreicheren Anlauf im Januar 1969 mit der Gründung einer eigenen Jugendschachgruppe. Schon zwei Jahre später (1971) fand in Riehen die Schweizer Juniorenmeisterschaft statt. Seit dieser Zeit fördert die SG Riehen konsequent den Schachnachwuchs. Aus der eigenen Jugendgruppe gingen immer wieder starke Spieler hervor. Der bekannteste Spieler ist zweifellos FIDE-Meister Matthias Rüfenacht, der sich an wichtigen Turnieren und Wettkämpfen hervorragend schlug. Im Fernschach erzielte er sogar den Titel eines Großmeisters des Weltschachbundes.
In den Mannschaftswettbewerben schnupperte Riehen schon bald Höhenluft. 1980 konnte die SG Riehen im Rahmen der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft (SMM) zum ersten Mal in der NLA teilnehmen, 1982 gewann sie den Teamcup. Nach längerem Verbleib in der NLB stieg die SG Riehen 1992 erneut in die NLA auf. Später pendelte sie zunächst zwischen den beiden obersten Ligen hin und her, ehe sie sich seit 2003 in der NLA behaupten konnten. Oft erreichte sie einen Podestplatz. Das Tüpfelchen auf dem i fehlt aber immer noch: Der Titel eines Schweizermeisters!
Die alte Kanzlei (Haus der Vereine) Riehen
Unser Verein umfasst heute gegen 70 Aktive und rund 30 Jugendliche. Die stetige Förderung der JuniorInnen ist eines der Hauptziele der SG Riehen. Sie ist auch sowohl innerhalb der Schweizer Schachbewegung, als auch im Riehener Dorfleben sehr aktiv. Peter Erismann (Verantwortlicher für das Spitzenschach) und der jetzige Präsident Ruedi Staechelin waren jahrelang in wichtigen Chargen des Schweizerischen Schachbundes tätig. Mehrfach fand der traditionelle Nordwestschweizer Schachtag im Saal des Landgasthofes in Riehen statt.
2003 wurde der 75. Geburtstag der SG Riehen gefeiert mit einem Essen im Restaurant Stab.
Ebenfalls anlässlich des 75. Geburtstags bestritt der frühere Weltmeister Anatoli Karpow am 21. August 2003 ein Simultan in Riehen.
In Anerkennung besonderer Verdienste auf dem Gebiete des Sports richtet die Gemeinde Riehen jährlich einen Sportpreis aus. Die Auszeichnung für das Jahr 2011 wurde der Schachgesellschaft Riehen zugesprochen.
Gemeinderätin Irène Fischer (Mitte) und der Vorstand der SG Riehen (v. l. n. r.): Beat Spielmann, Wilfried Burkhard, Peter Erismann, Robert Stritmatter, Ruedi Staechelin (Präsident), René Deubelbeiss, Peter Widmer, Nadja Reci
Präsidenten der SG Riehen (1928 bis heute)
1928-1931 Walter Friedlin
1931-1941 Walter Bürki
1941-1948 Emil Herzog
1948-1958 Willy Fackler
1958-1968 Ernst Schacht
1968-1971 Werner Gysin
1971-1974 Erich Offermann
1974-1987 Robert Stritmatter
1987-1994 Ruedi Staechelin
1994-1998 Felix Uhlmann
1998-2000 Urs Allemann
2000-2002 Peter Erismann
2002- Ruedi Staechelin
Text: Robert Stritmatter